Entwicklungshilfe in Nepal
1. Aktuelle Situation
Während unseres Aufenthaltes in Kathmandu und dem Solokhumbu hatten wir einen
ständigen Begleiter: Armut. Wurde dieser Eindruck in Kathmandu noch zeitweise überlagert
von Straßenverkehr und Alltagshektik, so zeigte sich die Tatsache, dass Nepal ein
Entwicklungsland ist, vor allem in den Bergdörfern mit aller Härte.
Hier sahen wir, was wir vorher nur in der Theorie gehört hatten: Nepal ist eines der ärmsten
Länder der Welt und besonders in den ländlichen Regionen war die Situation für uns
erschreckend. Fast jedes zweite Kind leidet an Mangel- oder Unterernährung. Nur zwei
Drittel der Männer können lesen und schreiben, bei den Frauen ist es nur ein Drittel. Das
Prokopfeinkommen beträgt aktuell etwa 290 US$ - ein Viertel der Bevölkerung lebt unterhalb
der Armutsgrenze.
Die Ursachen für das geringe Wirtschaftswachstum Nepals (2-4%) sowie die Armut der
Bevölkerung liegen in erster Linie darin begründet, dass die Wirtschaftsstruktur
ausschließlich von der Landwirtschaft dominiert wird. Diese ist wiederum stark
witterungsabhängig sowie durch die Raumbeschaffenheit eingeschränkt und es gibt kaum
noch Potenzial für eine Produktionssteigerung. In Bezug auf industrielle Aktivitäten
(Teppichproduktion und Textilwaren) ist Nepal starker internationaler Konkurrenz ausgesetzt.
Wirtschaftliches Potenzial besteht auf der einen Seite im Gebiet der Wasserkraft zur
Stromerzeugung und zum Stromexport und auf der anderen Seite im Tourismus. Um die
Entwicklung in diesem Bereich voran zu treiben ist jedoch eine dauerhafte Stabilisierung der
politischen Situation wichtig. (Link zum Bereich „Politik“)
2. Human Development Index & Human Poverty Index
Im Human Development Index der Vereinten Nationen (http://hdr.undp.org/en/statistics/) wird Nepal aktuell an Platz 142 von insgesamt 177 Ländern
geführt. Auch wenn der Human Development Index keinerlei Aussage über
Einkommensverteilung, Menschenrechte oder politische Freiheiten in Nepal zulässt, so ist er
doch ein sinnvolles Maß für drei Aspekte menschlicher Entwicklung: die Möglichkeit, ein
langes und gesundes Leben zu leben (gemessen anhand der Lebenserwartung), Zugang zu
Bildung (gemessen anhand der Alphabetisierungsrate und der Einschulungsrate) sowie
Lebensstandard (gemessen anhand des BIP, Kaufkraftparität):
HDI Platzierung | Lebenserwartung bei Geburt (in Jahren) |
Alphabetisierungsrate (% der über 15jährigen) |
Einschulungsrate (%) | BIP (Kaufkraftparität in US $) |
---|---|---|---|---|
1. Island | 1. Japan (82,3) | 1. Georgien (100) | 1. Australien (113) | 1. Luxemburg (60,228) |
22.Deutschland | 17. Deutschland (79,1) | 22. Deutschland (99) | 34. Deutschland (88) | 20. Deutschland (29,461) |
142. Nepal | 131. Nepal (62,6) | 126. Nepal (48,6) | 142. Nepal (58,1) | 148. Nepal (1,550) |
177. Sierra Leone | 177. Sambia (40,5) | 139. Burkina Faso (23,6) | 172. Niger (22,7) | 174. Malawi (0,667) |
Der Human Poverty Index wird ausschließlich für Entwicklungsländer erhoben und behandelt
dieselben Aspekte wie der HDI, jeweils von der anderen Seite der Medaille - die
Wahrscheinlichkeit, kein langes und gesundes Leben zu leben (gemessen anhand der
Wahrscheinlichkeit, nicht älter als 40 zu werden), kein Zugang zu Bildung (gemessen anhand
der Analphabetenrate), Lebensstandard (gemessen anhand des Zugang zu Trinkwasser sowie
Unterernährung). Nepal befindet sich aktuell auf Platz 25 von insgesamt 108 untersuchten
Ländern, wobei Platz 1 die stärkste Unterentwicklung bedeutet:
HPI Platzierung | Wahrscheinlichkeit,
nicht älter als 40 zu werden (in %) |
Analphabetenrate der über 15jährigen (in %) |
Menschen ohne
Zugang zu Trinkwasser (in %) |
Unterernährte
Kinder (in % der 0 bis 5jährigen) |
---|---|---|---|---|
1. Tschad | 1. Zimbabwe (57.4) | 1. Burkina Faso (76.4) | 1. Äthiopien (78) | 1. Nepal (48) |
25. Nepal | 46. Nepal (17.4) | 14. Nepal (51.4) | 86. Nepal (10) | 4. Jemen (46) |
26. Togo | 47. Senegal (17.1) | 15. Côte d'Ivoire (51.3) | 87. Cuba (9) | 5. Osttimor (46) |
108. Barbados | 48. Bhutan (16.8) | 164. Estland (0,2) | 125. Ungarn (1) | 134. Chile (1) |
3. Staatliche Entwicklungshilfe in Nepal
Deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in Nepal konzentriert sich zurzeit, in Absprache
mit der nepalesischen Regierung auf folgende Schwerpunkte:
- erneuerbare Energien
- Gesundheit / Familienplanung
- Förderung von Kommunalentwicklung und Zivilgesellschaft
Im Vergleich zu anderen Ländern deutscher EZ, wird die Arbeit in Nepal durch den
langjährigen Konflikt zwischen Regierung und Maoisten erheblich erschwert. Nach dem
Friedensabkommen 2006 haben sich die Rahmenbedingungen zwar bessert, bleiben aber
schwierig.
Aktuelle Informationen zum Friedensprozess: www.unmin.org.np und
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Nepal/Welcome.html
Eine Liste sowie Links der aktuell in Nepal tätigen EZ-Organisationen gibt es unter:
http://www.laenderkontakte.de/region/asien/nepal/entwicklungszusammenarbeit_humanitaere _hilfe/index.html
3.1 Erneuerbare Energien
Etwa zwei Drittel der bisherigen FZ-Gesamtzusagen entfallen auf den Schwerpunkt "erneuerbare Energien". Hauptförderbereich ist der Ausbau der regenerativen
Stromerzeugung. Das von der Kfw (Kreditanstalt für Wiederaufbau) Entwicklungsbank
mitfinanzierte Wasserkraftwerk Marsyangdi (am gleichnamigen Fluss, ca. 170 km westlich
von Kathmandu) wurde 1989 in Betrieb genommen, befriedigt seitdem rund ein Viertel der
Stromnachfrage des Landes und ist damit das Rückgrat der nepalischen Stromversorgung.
Aktuell ist das neue Projekt – Wasserkraftwerk Middle Marsyangdi – ca. 40 km flussaufwärts
in Bau, ebenfalls mit FZ-Unterstützung. Dieses Vorhaben ist das derzeit größte und wichtigste
Investitionsvorhaben des gesamtrn Landes. Die Wasserkraft als eine der wenigen natürlichen
Reichtümer des Landes zur Stromgewinnung zu nutzen, ermöglicht auch, den Import fossiler
Energieträger zu reduzieren und Kohlendioxid-Emissionen zu vermeiden. Middle
Marsayangdi soll nach der Fertigstellung jährlich insgesamt 400 Gigawattstrunden Strom für
das nationale Netz erzeugen, was der Versorgung von etwa drei Millionen Menschen
gleichkommt.
Zum Energiesektor gehört seit vielen Jahren weiterhin die FZ-Förderung von Biogasanlagen,
die sehr erfolgreich verläuft und in Nepal sowie bei anderen Gebern wegen ihrer vielfältigen
positiven Wirkungen hohe Anerkennung findet. Ein äußerst wichtiger Schritt zur Erreichung
finanzieller Nachhaltigkeit war in letzter Zeit die Registrierung des Biogasprogramms als
Teilnehmer am weltweiten Clean Development Mechanism (CDM); durch Verkauf von
Emissionszertifikaten erwartet Nepal zusätzliche Deviseneinnahmen.
3.2 Gesundheit / Familienplanung
Da der Gesundheitszustand und die Gesundheitsversorgung insbesondere von armen
Bevölkerungsgruppen absolut unzureichend sind setzt die FZ einen weiteren Schwerpunkt im
Bereich Gesundheit/Familienplanung.
Die FZ hat bisher im Rahmen landesweiter Programme erreicht, dass Einrichtungen auf der
ersten Versorgungsebene wesentlich besser mit Basismedikamenten, Kontrazeptiva und
medizinischer Standardausstattung versorgt sind. Aus FZ wurden zudem öffentliche
Gesundheitseinrichtungen rehabilitiert, erweitert und ausgestattet sowie ein
nachfrageorientiertes Logistiksystem eingeführt, einschließlich des Baus von
Distriktlagerhäusern.
3.3 Förderung von Kommunalentwicklung und Zivilgesellschaft
Im Schwerpunkt "Förderung von Kommunalentwicklung und Zivilgesellschaft" arbeiten FZ
und Technische Zusammenarbeit (TZ) ebenfalls eng zusammen. Die FZ unterstützt hier die
Arbeit des nepalischen Town Development Fund (TDF). Ziel ist es, die städtische
Bevölkerung besser mit Einrichtungen sozialer und wirtschaftlicher Infrastruktur zu
versorgen, sowie den TDF zu einem sich selbst tragenden Fond zur Finanzierung kommunaler
Infrastrukturprojekte auszubauen. Finanziert werden zum einen der Neubau beziehungsweise
die Rehabilitierung von Schulen, Oberflächenentwässerung, Innenstadtpflasterung,
Abfallbeseitigung sowie öffentliche und private Toiletten, zum anderen ertragswirksame
Projekte wie Marktplätze, Busbahnhöfe und Geschäftszentren.
Nepalische Unternehmen führen die Baumaßnahmen nach öffentlicher Ausschreibung durch.
Nach Fertigstellung gehen die Projekte in die Verantwortung der betreffenden Gemeinde
über.
4. Armutsbekämpfung durch Schulbildung und Gesundheitsführsorge –
private Initiativen
Im Rahmen unseres Aufenthalts lernten wir im Sektor nichtstaatlicher Entwicklungshilfe das
vorbildliche Nepalprojekt der Helene-Lange-Schule Wiesbaden kennen. In Zusammenarbeit
mit einer lokalen Nichtregierungsorganisation wurden mithilfe von Spendengeldern seit 1988
insgesamt 30 Schulgebäude in Bhandar, dem nordöstlichen Bergland Nepals neu gebaut.
Aktuell werden 40 Schulen sowie die Gehälter von 80 Lehrkräften finanziell getragen. Neben
der Schulbildung ist die medizinische Grundversorgung ein zweiter Schwerpunkt des
Projekts. Zur Homepage der Helene-Lange-Schule: www.nepalprojekt.de